Begeht ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter einer GmbH ist, eine schwere Pflichtverletzung, so kann ihm selbstverständlich fristlos und außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Ist durch diese Pflichtverletzung aber auch das Vertrauensverhältnis auf der Gesellschafterebene zerstört, so können seine Geschäftsanteile von der Gesellschaft sogar eingezogen werden. Der Geschäftsführer-Gesellschafter verliert also sowohl seiner Geschäftsführerstellung als auch seine Geschäftsanteile.
Entscheidend für die Abhängigkeit im Beschäftigungsverhältnis war für das Bundessozialgericht dann, dass das Vorstandsmitglied seine geschäftsführende Tätigkeit nicht alleine entscheiden konnte. Denn für Beschlüsse im Vorstand war eine einfache Mehrheit notwendig, die von einem einzelnen Mitglied des Vorstands natürlich nicht erreicht werden konnte. Auch eine Verhinderungsmehrheit (Sperrminorität) hatte das Vorstandsmitglied nicht.
Schließlich unterlag das Vorstandsmitglied auch dem ihn bindenden Stifterwillen.
Deswegen stufte das Bundessozialgericht das Vorstandsmitglied als sozialversicherungspflichtig ein.
Die Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern und anderen leitenden Managern ist ein Dauerbrenner. Zum einen sind die Abgabenlasten sehr hoch, zum anderen kommt der Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung regelmäßig in die Unternehmen. Dann werden oft Sachverhalte, die Jahre zurückliegen, neu und anders beurteilt. Die Nachzahlung erreicht schnell mehrere 10.000 €.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass im Falle eines Geschäftsführers einer Tochter-GmbH nur auf die Entscheidungsverhältnisse unter den Gesellschaftern der Tochter-GmbH abzustellen ist. Nur, wenn der Geschäftsführer in der Tochter-GmbH seinen Willen durchsetzen kann bzw. nicht gegen seinen Willen entschieden werden kann, ist er von der Sozialversicherungspflicht befreit.
In diesem Fall war es gleichgültig, dass der Geschäftsführer Gesellschafter der Mutter-GmbH war und dort über eine Sperrminorität verfügte, dass also in der Mutter-GmbH gegen seinen Willen keine Entscheidungen getroffen werden konnten. Dies führte eben gerade nicht dazu, dass er auch in der Tochter-GmbH seinen Willen durchsetzen konnte.
In jedem Fall sollten Geschäftsführer ihre Sozialversicherungspflicht stets vorab klären. Begibt sich dabei, dass eine Sozialversicherungspflicht besteht, kann dann noch eingegriffen werden. Die Verhältnisse können dann so gestaltet werden, dass der Geschäftsführer am Ende von der Sozialversicherungspflicht befreit ist.
Geschäftsführer leben gefährlich. Das gilt sogar noch dann, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt ist und dieser zu allem zustimmen muss (allgemeiner Zustimmungsvorbehalt).
Im Urteilsfall hatte der Geschäftsführer zwar im Insolvenzverfahren für die Lohnsteueranmeldung gesorgt. Allerdings hatte er verpasst, die Lohnsteuerzahlung auf den Weg zu bringen. Der Geschäftsführer sah keine Zustimmungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters. Das Finanzgericht sah daher auch keine Haftung des Geschäftsführers.
Dies beurteilte der Bundesfinanzhof anders. Der Geschäftsführer hätte versuchen müssen, die Lohnsteuer zu zahlen. Zumindest aber hätte der Geschäftsführer eine etwaige ablehnende Haltung des Insolvenzverwalters dokumentieren müssen.
Für Geschäftsführer gilt daher, in Krisensituationen unbedingt eigenen Rechtsrat in Anspruch zu nehmen. Auch relativ hohe Beratungskosten sind aller Erfahrung nach deutlich niedriger als die Haftung für Steuern oder Insolvenzschulden.
06. März 2020
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jüngst seine jahrzehntealte Rechtsprechung geändert: Danach ist das Mitglied eines Aufsichtsrates jedenfalls dann kein umsatzsteuerlicher Unternehmer mehr, wenn es "nur" eine Festvergütung erhält. Dies hatte zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) für den Fall eines Aufsichtsratsmitglieds einer niederländischen Stiftung entschieden.
Für Aufsichtsräte, die eine variable Vergütung erhalten, könnte es bei den alten Regelungen bleiben. Sie hätten also den Vorteil, Vorsteuer geltend machen zu können.
Aufsichtsräte mit Festvergütung sollten sich daher beraten lassen, wie sie durch eine Änderung ihres Vergütungssystems weiter an der alten Regelung festhalten können.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat in einem Urteil vom 24.01.2019 (4 K 4233/16) entschieden, dass eine frühere Geschäftsführerin auch dann haftet, wenn sie keine Vorsorge getroffen hat, damit spätere Steuerschulden von der Gesellschaft bezahlt werden.
Stattdessen räumte sie von den Konten der Gesellschaft rund 90.000 € ab. Die Zusicherung des neuen Käufers (Gesellschafters) und Geschäftsführers im notariellen Kaufvertrag, das Geld in bar erhalten zu haben, genügte dem Gericht nicht zur Entlastung.
Geschäftsführer müssen daher sehr penibel gerade die steuerlichen Pflichten im Blick haben. Sie sollten noch zu Amtszeiten Vorkehrung dafür treffen, dass sie ihre Pflichterfüllung später darlegen und beweisen können.
Geschäftsführer sind der Kopf der GmbH. Sie sind für die GmbH vollständig verantwortlich, vertreten die GmbH gegenüber Geschäftspartnern und Behörden.
Ein besonderes Augenmerk ist dabei regelmäßig auf die steuerlichen Angelegenheiten zu werfen. Zwar darf der Geschäftsführer selbstverständlich delegieren (wie z. B. durch Beauftragung eines Steuerberaters), er bleibt aber letztverantwortlich und muss das Handeln Dritter überprüfen und daraus gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.
Besonders sensibel sind - wie immer - "In-sich-Situationen". Im Zivilrecht gilt standardmäßig das Verbot der Selbst- oder Mehrfachkontraktion in § 181 BGB. Im Steuerrecht gibt es eine solche Vorschrift nicht, da das Finanzamt ja als unabhängiger Dritter prüft und entscheidet.
Trotzdem kann aber natürlich die GmbH in große Schwierigkeiten geraten und hohen finanziellen Risiken ausgesetzt sein, wenn ein Geschäftsführer zum eigenen Vorteil falsche Angaben bei der GmbH macht. So war es im Fall, der dem Landgericht Gera vorlag. Hier hatte der Geschäftsführer einen Dienstwagen, den er auch für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzen durfte. Um weniger Steuer zahlen zu müssen, gab er die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit zuwenig Kilometern an. Diese Angabe legte die GmbH bei der Lohnsteuer zugrunde. Die GmbH riskierte also, bei einer Prüfung für die höhere Lohnsteuer haften zu müssen, da sie eine "Beteiligte" der vom Geschäftsführer begangenen Steuerhinterziehung war.
Aus diesem Grund durfte dem Geschäftsführer fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB lag vor.
Ein GmbH-Geschäftsführer darf nach § 6 Abs. 2 GmbH-Gesetz nicht wegen einer der sogenannten Katalogstraftaten (u. a. Insolvenzverschleppung, Bankrott) vorbestraft sein.
Fraglich war, ob damit nur eine Bestrafung als Täter erfasst war oder ob auch eine bloße Teilnahme an einer fremden Straftat ausreicht. Der Bundesgerichtshof hat nun klargestellt, dass schon die Anstiftung oder allein die bloße Beihilfe genügt.
Unternehmensleiter (Geschäftsführer, Vorstände etc.) sollten daher nie vorschnell einen Strafbefehl oder eine Verurteilung im Strafverfahren akzeptieren, wenn ihnen die direkten Folgen akzeptabel erscheinen. Die indirekten Folgen können oft viel verheerender sein - wie eben die Amtsunfähigkeit nach § 6 GmbH-Gesetz.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat ein weiteres Mal eine strenge Haftung eines Geschäftsführers für Steuern bestätigt (Beschluss vom 10. April 2019, 14 B 419/19).
Dabei ist es egal, ob es um Umsatz- oder Einkommensteuer (Gemeinschaftsteuern von Bund und Ländern) geht oder um Gewerbesteuer, Grundsteuer oder gar die Vergnügungssteuer.(Gemeindesteuern, kommunale Steuern). Die Haftungsvoraussetzungen sind die gleichen.
Es genügt auch nicht, die Bearbeitung und Bezahlung der Steuern an eine Mitarbeiterin zu übertragen. Der Geschäftsführer muss diese Übertragung regelmäßig überwachen. Sonst verletzt der Geschäftsführer seine Überwachungs- und Auswahlpflicht.
Rechtsanwalt und Steuerberater / Hannover (Germany)